16.02.2013

Nordkorea: Wahnsinnig, schwach und furchterregend

Am vergangenen Dienstag testete Nordkorea zum dritten Mal eine Atombombe unterirdisch. Dadurch wurde ein Erdbeben der Stärke 5.1 (anfangs hieß es noch 4.9) auf der Richterskala ausgelöst. Was die Sprengkraft  (zwischen 5 bis 20 Kilotonnen) und die Art der Bombe angeht, kann man nur spekulieren. Möglicherweise handelt es sich um eine Uranbombe, was dafür sprechen würde, dass Nordkorea erfolgreich Uran angelagert hat. Die Erschütterung der (Plutonium-)Atombombentest 2006 und 2009 lag bei etwa 4.2 und 4.5. Es ist also davon auszugehen (wie auch KCNA behauptet), dass die jetzige getestete Bombe stärker und effektiver war als die vorherigen.


Letztes Jahr habe ich über die nordkoreanische Überlebensstrategie berichtet, die sich laut Stratfor Direktor Georg Friedman aus weak, fearsome und lunatic zusammensetzt. Ende Januar - noch vor dem jetzigen Atomtest - hat Stratfor erneut über Nordkoreas Ambitionen und dessen Strategie berichtet. Nordkoreas Spiel besteht darin, Atomwaffen zu entwickeln, zu testen und zu drohen, aber nicht darin, sie wirklich jemals fertigzustellen. Sollte Nordkorea tatsächlich Atomwaffen in "Massenproduktion" erfolgreich herstellen können, würde es vermutlich eine rote Linie überschreiten, die zu einer Intervention und somit schlussendlich zum Ende des Regimes führen würde.  

Seitdem Ende des Kalten Krieges und dem Kollaps der Sowjetunion fährt Nordkorea eine Strategie bestehend aus Schwäche, Furcht und Wahnsinn. Ich werde im folgenden nochmals auf die drei Punkte eingehen. 

Schwäche: Nordkorea versucht nach außen schwach zu wirken, als stünde es kurz vor dem Kollaps. Die Bevölkerung hungert, die Wirtschaft ist schwach und das ganze Land ist so gut wie komplett von der Außenwelt isoliert. Damit zeigt das Regime, dass die einzige Gefahr, die von Nordkorea ausgeht, darin besteht, dass es entweder kollabieren könnte oder im Falle einer "Provokation" militärisch reagiert. Da die wichtigen internationalen Akteure - sprich die USA, China, Südkorea, Russland und Japan - am Erhalt des Status Quo auf der koreanischen Halbinsel interessiert sind und einen (unkontrollierten) Kollaps sowie eine militärische Reaktion verhindern wollen, versuchen die Akteure Nordkorea zu stabilisieren.

Furcht: Neben seiner Schwäche, versucht Nordkorea nach außen furchterregend und grausam zu wirken. Man betreibt ein Atomprogramm, testet Atombomben und Raketen, droht regelmäßig Südkorea und den USA, richtet seine Artillerie auf Seoul, und schickt unliebsame Nordkoreaner samt Familie in Straflager. Damit wissen alle beteiligten Akteure, mit dem Regime in Pjöngjang ist nicht zu Spaßen. Besonders Südkorea würde vermutlich alles unternehmen, um eine Artillerieangriff auf Seoul zu verhindern. 

Wahnsinn: Die letzte Komponente der nordkoreanischen Strategie besteht darin, wahnsinnig und unberechenbar zu wirken. Ein irrationaler Akteur, so wie sich Nordkorea gerne gibt, handelt unvorhersehbar und könnte im Falle einer Provokation oder eine anstehenden Kollapses zu irrationalen Maßnahmen greifen, sprich die ganze koreanische Halbinsel in Schutt und Asche legen. Dadurch versuchen alle Akteure Nordkorea nicht allzu sehr unter Druck zu setzen. 


Der Schlüssel zu Nordkoreas Überleben besteht darin wahnsinnig, furchterregend und gleichzeitig schwach zu wirken. So handeln alle Akteure äußerst bedacht und vorsichtig. Schwach und wahnsinnig zu wirken, ist nicht sonderlich schwierig. Was schwierig ist, ist furchterregend zu wirken. Zum Einen muss die Furcht, die man verursachen möchte, nicht nur gehalten, sondern auch gesteigert werden. Zum Anderen aber, darf man niemals die Linie überschreiten, die zu einer militärischen Intervention und somit zum Ende des Regimes führen würde. Ferner, so Friedman, darf die Furchtkomponente die anderen beiden Komponenten nicht überwinden. Ein Nordkorea, dass zu furchteinflößend ist, kann nicht gleichzeitig schwach und wahnsinnig sein. Auch der Iran fährt eine ähnliche Strategie, mit einer nicht ganz so überzeugenden Schwächekomponente. 

Daher also das "ewige" nordkoreanische Atomprogramm und die Kriegsdrohungen. Keiner der beteiligten Akteure kann es zu lassen, dass Nordkorea in der Lage ist, Raketen mit Atombomben zu bestücken. Aufgrund des irrationalen, wahnsinnigen Handels, könnte es diese nämlich tatsächlich einsetzen. Durch die  Versenkung der Cheonan im März 2010 sowie dem Bombardement von Yeonpyeong im November selbigen Jahres hat Nordkorea nochmals sein irrational-wahnsinniges Handeln unterstrichen. Mit seinen ständigen Kriegsdrohungen, unvorhersehbaren Handeln und Tests verhindert Nordkorea letztendlich genau das, womit es immer droht: Krieg. 

Mit dem jetzigen Test hat Nordkorea wiedereinmal gezeigt: Fürchtet euch! Wir sind wahnsinnig! Wir können nicht nur Atombomben bauen und testen, wir konnten sie sogar noch stärker machen. In Folge dessen verurteilte die Staatengemeinschaft wie üblich den nordkoreanischen Test, es folgt eine UN-Resolution, und eventuell härtere Sanktionen. Eventuell werden die Sanktionen verschärft, Nordkorea verspricht dann, sein Atomprogramm einzustellen, die Sanktionen werden aufgehoben und Nordkorea belohnt, Nordkorea testet erneut eine Rakete oder eine Atombombe, es folgen wieder Sanktionen und das Spiel geht wieder von vorne los. Dies scheint der Zyklus zu sein. Vieles davon hängt aber womöglich im Endeffekt von Nordkoreas wichtigsten Partner ab: China. 

China betreffend, geht Friedman auf einen interessanten Punkt ein: Chinas Einfluss auf das nordkoreanischen Regime ist umstritten, aber mit einem wahnsinnig agierenden Nordkorea in Ostasien, kann China von seiner Expansionsdrang im restlichen ostasiatischen Raum ablenken. Darüberhinaus, kann China seinen Einfluss auf Pjöngjang gelten machen und sich als effektiver Vermittler etablieren, der Nordkorea davon abhält, vollkommen durchzudrehen. Japan, Südkorea und die USA würden aus Dank über Chinas Engagement vermutlich etwas nachgebender im Streit um Inseln und Handel sein.   


Jedoch klammert diese Analyse innenpolitische Machtspiele komplett aus. Es war der erste Test unter Kim Jong-un. Eventuell um seine Position im nordkoreanischen Machtapparat zu festigen. 

Ferner, ist es interessant in welcher Beziehung der jetzige Test zum Iran steht. Darauf geht Claudia Rosett im Forbes ein. Sie geht davon aus, dass der Test eine Werbekampagne an den Iran war.



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